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alltag:fuer_die_frontbremse

Für die Vorderradbremse

"Kind, brems' ja nicht vorne!" - diesen Satz kennen wir wohl alle noch… An dieser Stelle soll erläutert werden, warum es doch sinnvoll ist, die Vorderradbremse zu benutzen. Im zweiten Teil wird diskutiert, ob diese knackig eingestellt werden soll, oder eher lasch.

Warum man unbedingt vorne bremsen soll

Vorne zu bremsen hat einen Nachteil: Wenn man zu scharf bremst, dann kann man über den Lenker stürzen. Tut meistens weh. Also - nicht zu fest vorne bremsen und immer gut am Lenker abstützen! Dennoch - wer ausschließlich ("Mami du nervst") hinten bremst, erhält maximal 0,15g Bremsbeschleunigung. Ein Radfahrer kann aber mit maximal 0,60g bremsen - dazu braucht es aber die Vorderradbremse (und ausschließlich diese).

Konkret bedeutet das, das der Bremsweg mit der Hinterradbremse allein ein Vielfaches des Bremswegs mit der Vorderradbremse ist. Wer auf dem Radweg fährt und von einem Kraftfahrzeug aus einer Grundstücksausfahrt überrascht wird, kann mit der Hinterradbremse allein kaum rechtzeitig zum Stehen kommen.

Warum steht da eigentlich "nur mit der Vorderradbremse"? Wir betrachten den Punkt, an dem die Kräfte des Fahrers und Fahrrads auf die Straße wirken. Bei gleichmäßiger Fahrt (keine Beschleunigung oder Bremsen) ist dieser Punkt ziemlich genau unter dem Schwerpunkt des Fahrers, das Gewicht verteilt sich auf Vorderrad und Hinterrad. Beim Bremsen verschiebt er sich nach vorne, es wirkt eine größere Kraft auf das Vorderrad und eine kleinere auf das Hinterrad. Je weniger Kraft auf das Hinterrad wirkt, um so weniger bremst das Hinterrad (es blockiert und rutscht). Je mehr Kraft auf das Vorderrad wirkt, um so besser kann man vorne bremsen. Wenn der Punkt auf der selben Höhe ist, wie das Vorderrad, dann hat das Vorderrad die maximale Brems-Wirkung und das Hinterrad ist vollständig entlastet (ist kurz vorm Abheben :-)) Wandert der Punkt vor das Vorderrad, macht der Fahrer einen Sprung :-(

Fazit: Die Vorderrad-Bremse sollte auf jeden Fall benutzt werden, doch dazu im nächsten Absatz mehr.

Üben des richtigen Umgangs mit der Vorderradbremse

Um unangenehme Überraschungen bei Notbremsungen mit der Vorderradbremse zu vermeiden, muss es geübt werden! Viele Stürze ereignen sich auch dadurch, dass Leute die vermeintlich gefährliche Vorderradbremse selten bis nie betätigen und im Ernstfall von ihrer Wirkung überrascht werden.

Bei jedem Bremsvorgang gut am Lenker abstützen! Beim Bremsen wird man nach vorne gedrückt - wenn man sich nicht ausreichend am Lenker abstützt, kann man vom Sattel rutschen und über den Lenker stürzen. Die Gefahr, dass man statt dessen mit dem Fahrrad einen Überschlag macht, ist dagegen eher gering.

Bremse immer vorher kontrollieren! Nichts ist schlimmer als eine Bremse, die genau dann versagt, wenn sie gebraucht wird. Seilzüge müssen absolut frei von Rissen sein und ausreichend fest montiert sein. Bei Hydraulikbremsen muss das System frei von Luftblasen und absolut dicht sein. Fühlt sich die Bremse beim Testen im Stand "schwammig" an, muss sie unbedingt überprüft werden! (Tipp: Diese Kontrolle kann man sich angewöhnen, wenn man beim Aufsteigen aufs Radl beide Bremsen anzieht - dann wird's schnell zur Routine)

Zum Üben sollte man sich einen Parkplatz o.Ä. mit gutem Bodenbelag suchen, wo keine Gefahr eines Zusammenstosses anderen Verkehrsteilnehmern besteht.

Nun tastet man sich langsam an die maximale Verzögerung der Bremse heran. Man beginnt mit niedriger Geschwindigkeit, z.B. 5-10 km/h und bremst dann so schnell wie möglich bis zum Stillstand ab. Das wiederholt man mehrmals, wobei man sich immer gut am Lenker abstützt und jedesmal etwas kräftiger an der Bremse zieht, bis man merkt, dass das Hinterrad abhebt. Dieser Punkt ist die maximal mögliche Verzögerung.

Wie soll die Vorderrad-Bremse denn nun eingestellt werden?

Klassische Fahrradbremsen bieten vielfältige Möglichkeiten der Einstellung: Seil-Dreieck (bei Cantilever-Bremsen), Vorspannung, Dämpfung, Gegendruck…

Im Prinzip sollte eine Bremse so eingestellt sein, dass die maximale Bremswirkung erreicht wird, bevor der Bremshebel am Lenker anschlägt. Dafür gibt es am Bremshebel eine Schraube (da wo der Bremszug raus geht), mit der man die "Vorspannung" einstellen kann.

Wegen der Gefahr, über den Lenker zu hüpfen, wird darüber diskutiert, ob man die Vorderradbremse nicht so einstellen soll, dass der Bremshebel am Lenker (oder anderen mechanischen Anschlägen) anstößt, bevor man absteigt. Ein passionierter Radfahrer hat sehr ausführliche Webseiten zum Thema. Die Industrie bietet "Bremsdämpfer" an, die ähnliches erreichen sollen.

Gegen die Bremsdämpfer spricht, dass sie den Gegendruck beeinflussen - wenn man am Bremshebel zieht spürt man mit diesen Dingern nicht mehr, wie stark man eigentlich die Bremsbacken auf die Felge (Scheibe) drückt. Diese Dinger sind kein effektiver Schutz davor, über den Lenker zu gehen.

Warum also kein Anschlag? Das vereinfacht doch die Bedienung der Vorderradbremse? Das macht sie doch sozusagen "kinderleicht" und sicher? Dann kann man sie voll durchziehen und erreicht maximale Bremswirkung, ohne über den Lenker zu gehen?

Ein (wenn auch nur ein wenig) geübter Radfahrer kann sich an den Punkt der maximalen Bremswirkung herantasten - durch den Gegendruck von der Bremse. Da hilft sogar die hintere Bremse ein wenig - wenn das Hinterrad (bei ganz leichtem Zug an der Bremse) blockiert, dann passt's vorne. Wird der Gegendruck durch den Anschlag (oder so einen Dämpfer) verändert, so kann man die Bremse nicht mehr exakt kontrollieren. Dann erreicht man entweder nicht die maximale Bremswirkung, oder macht - trotz sorgfältig justiertem Anschlag - einen Abflug.

Übrigens, es sorgt bei vielen Autofahrern für große Augen, wenn man es beherrscht, bei einer Notbremsung (Autofahrer hat Vorfahrt nicht beachtet, warum auch immer) mit "fliegendem Hinterrad" zum Stehen zu kommen. Dafür braucht es aber mehrere Jahre harten Trainings bis man das sicher beherrscht…

ABS für's Radl

So lächerlich es klingen mag, es gibt ein ABS für Fahrräder. Das Prinzip ist recht einfach: Die Hinterradbremse ist an einem Hebel befestigt, der auf die Vorderradbremse wirkt. Der Fahrer betätigt die Hinterradbremse, diese schwingt am Hebel und bremst vorne. Wenn das Hinterrad blockiert (abhebt), zieht die hintere Bremse weniger am Hebel, die Vorderradbremse öffnet ein wenig. Das Prinzip wurde getestet und funktioniert in der Theorie einwandfrei.

In der Praxis hat die Sache einen Haken: dieses System benötigt sehr lange Bremsseile. Von vorne nach hinten und wieder nach vorne. Dazu kommt der etwas komplizierte Hebelmechanismus. Effektiv verringert das System die maximal erreichbare Bremswirkung ein wenig, ermöglicht aber mehr als die Hinterradbremse alleine.

Damit dieses ABS richtig gut funktioniert, bleibt nur ein Ausweg: Hydraulische Bremsen (dann spielt die Länge der Bremsleitungen nicht so eine große Rolle). Nur: hydraulische Bremsen sind teuer - und das bedeutet, dass nur "Vielfahrer" hydraulisch bremsen. Und die üben das mit der Vorderradbremse immer wieder, haben also kein Interesse an noch teureren Bremsen.

An die Hersteller von Designer-Fahrrädern (BMW, Mercedes, Porsche, …): Baut doch mal ein Modell mit Hydraulikbremsen und ABS - da passt's auch in den preislichen Rahmen ;-)

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